Dienstag, 23. Januar 2018

Cinquant’anni fa


















Heute vor fünfzig Jahren war am Moabiter Kriminalgericht
der letzte Verhandlungstag eines Prozesses gegen neun
Demonstranten, die im August 1966 die Aufführung des
Films Africa Addio im Filmtheater Astor am Ku’damm zu
verhindern versucht hatten. Als der vorsitzende Richter,
Amtsgerichtsrat Kurt Gente — Vater des vor bald vier Jah-
ren gestorbenen Mitgründers und langjährigen Geschäfts-
führers des Merve Verlags Peter Gente — mit der Urteils-
verkündung begann, landete nur wenige Meter vom Rich-
tertisch entfernt ein Kanonenschlag. Aus dem Publikum
regnete es gelbe Flugzettel im Duodezformat, die beidsei-
tig mit roter, serifenloser Schrift bedruckt waren. 

Am 24. Januar 1968 berichtete der Tagesspiegel, dass
„einige der an den Krawallen beteiligten Mädchen […]
ununterbrochen gellende Schreie aus[stießen]. Zeitweise
standen Rauchwolken im Saal. Nur mit Mühe gelang es,
die randalierenden Gruppen die drei Treppen hinunter und
schließlich aus dem Hauptportal zu drängen, wo Scheiben
zerschlagen wurden.“ Es lohnt, den — in gut sortierten An-
tiquariaten günstig zu erwerbenden — Flugzettel aufmerk-
sam zu lesen. Denn er verdeutlicht einen Aspekt, den Jür-
gen Kaube bei seiner Erledigung des 68-Jubiläums in der
FAZ (bewusst?) unterschlägt: die Anti-Nazi-Kampagne.
















Organisieren wir den
UNGEHORSAM
gegen die Nazi-Generation.

Ehemalige Nazi-Richter wollen über uns „Recht“ sprechen.
Ausgerechnet der Moabiter Amtsrichter Gente — einst Mit-
glied der Nazipartei — will unsere Kommilitonen „verurtei-
len“, die gegen den faschistischen Rassenhetzerfilm „africa
addio“ protestiert haben.

Aber wir haben noch schlimmeres als diesen Gente: Wir ha-
ben sogar einen ehemaligen Nazipropagandisten als Bundes-
kanzler!
Unsere Geduld muss jetzt ein Ende haben: Machen wir Schluß
damit, daß nazistische Rassenhetzer, daß die Juden-Mörder,
die Slawen-Killer, die Sozialisten-Schlächter, daß die ganze
Nazi-Scheiße von gestern weiterhin ihren Gestank über unse-
re Generation bringt.

Holen wir nach, was 1945 versäumt wurde. Treiben wir die
Nazi-Pest zur Stadt hinaus. Machen wir endlich eine richtige
Ent-Nazifizierung. Heizen wir ihnen so ein, daß ihnen die fet-
ten Gehälter, Dividenden und Pensionen, die sie für ihre Ver-
brechen von gestern verschlingen, im Halse stecken bleiben!

Leisten wir Widerstand gegen ehemalige
Nazi-Richter, Nazi-Staatsanwälte, Nazi-Gesetzgeber aller
Couleur, Nazi-Polizisten, Nazi-Beamte, Nazi-Verfassungs-
schützer, Nazi-Lehrer, Nazi-Professoren, Nazi-Pfaffen, Na-
zi-Journalisten, Nazi-Propagandisten, Nazi-Bundeskanzler,
und nicht zuletzt gegen
Nazi-Kriegsgewinnler, Nazi-Fabrikanten, Nazi-Finanziers.

Verweigern wir uns total den Nazis. Befolgen wir keine ihrer
Anweisungen. Sagen wir ihnen, daß wir sie bestenfalls igno-
rieren können. Damit legen wir den gesamten Apparat dieser
miesen Gesellschaft lahm, denn er besteht — bezeichnender-
weise! — zu einem lebenswichtigen Teil aus den alten Nazis.

Mobilisieren wir die permanente
ANTI - NAZI - KAMPAGNE
Bereiten wir den
AUFSTAND
gegen die Nazi-Generation vor.