Mittwoch, 5. April 2017

Opus alchymicum

 
















Es gibt ein Gebiet, auf dem sich die Arbeit an sich selbst
und die Hervorbringung eines Werks als schlechterdings
wesensgleich und unteilbar erweisen: die Alchemie. Denn
das opus alchymicum verlangt, dass die Verwandlung der
Metalle mit der Wandlung des Subjekts einhergeht, dass
die […] Herstellung des philosophischen Steins und die
spirituelle Geburt oder Wiedergeburt des Individuums,
das erstere ins Werk setzt, zusammenfallen.


















Einerseits betonen die Alchemisten […], ihr Werk sei ein
konkretes Verfahren zur Wandlung der Metalle, die zu-
nächst mehrere (nach den Farben, welche sie annehmen,
als nigredo, albedo, citrinitas und rubedo bezeichnete)
Stadien durchlaufen ehe sie als Gold zur Vollendung ge-
langen; andererseits beharren sie […] darauf, dass die
Metalle, von denen sie sprechen, keine gewöhnlichen Me-
talle sind, dass das philosophische Gold kein aurum vulgi 
ist und sich der Adept am Ende selber in den philosophi-
schen Stein verwandelt: „Verwandelt euch aus toten Stei-
nen in lebendige Steine der Weisen.“

Giorgio Agamben, „Opus alchymicum“, in ders., Die Er-
zählung und das Feuer, Frankfurt am Main 2017, S. 109-
136, hier S. 121.