Montag, 27. Oktober 2014

We’ll never stop living this way


















Bekanntlich steht im L’Abécédaire de Gilles Deleuze, ei-
nem 1988 aufgezeichneten, alphabetisch strukturierten
Fernsehinterview, das T für Tennis. Deleuze spricht von
Vilas, Lendl, Connors (folgerichtig ignoriert er den Deut-
schen, der 1985 den ersten Sieg auf seinem Vernichtungs-
feldzug feierte), doch im Zentrum seiner Überlegungen
stehen zwei Spieler, die auf den Centre Courts eine alte
Frage zu beantworten suchten: „Wissen wir, was ein Kör-
per vermag?“   

Den großen Wendepunkt im Tennis markierte seine Pro-

letarisierung. Eine Proletarisierung mit Einschränkungen. 
Ich will damit sagen, dass Tennis ein Massensport wurde.
Nicht proletarische Massen, sondern Massen von leitenden
Angestellten, doch nennen wir es Proletarisierung. […] Es
war Borg, dem wir einen massenkompatiblen Tennisstil
verdanken. […] Dieses Massentennis setzte die Erfindung
einer völlig neuen Spielweise voraus. Der Anti-Borg, das
war McEnroe. Jeder konnte Borgs Spielweise nachvollzie-
hen. Topspin, hohe Bälle. Das war das Gegenteil aristo-
kratischer Prinzipien. Welch ein Genie! Borg ist wie Chris-
tus, ein Aristokrat, der zum Volk geht… ein… doch ich rede
dummes Zeug! […] McEnroe war der Aristokrat. Ägyptischer
Service. Russische Seele. Er erfand seine Schläge und wusste,
dass sie niemand würde nachahmen können. Ihm gelangen
atemberaubende Schläge. Er setzte die Bälle. Er erfand das
Serve-and-volley-Gefüge.